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Christian Stürmer

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Presseerklärung

 

50jähriges Jubiläum der Conterganstiftung:

Es wird Zeit, aufzuhören, die Vergangenheit schönzureden - Entschuldigung für die Vergangenheit gefordert!

 

Am 31.10.2022 jährt sich die Gründung der Conterganstiftung zum fünfzigsten Mal. Diese Stiftung ist anlässlich des Conterganskandals durch den Bund ins Leben ins Leben gerufen worden, nachdem ca. 10.000 Kinder durch das Medikament Contergan im Mutterleib geschädigt wurden und mit schweren und schwersten Missbildungen zur Welt gekommen sind. Viele Kinder wurden tot geboren oder verstarben kurz nach der Geburt.

Christian Stürmer, Bundesvorsitzender des Contergannetzwerkes Deutschland e.V. und zugleich gewählter Betroffenenvertreter im Stiftungsrat der Conterganstiftung erläutert: "Anstatt aber die Schädigungsfirma Grünenthal, welche `Contergan` hergestellt und vertrieben hat, hinsichtlich des angerichteten Schadens mit dem Bundes-Errichtungsgesetz der Stiftung für die Zukunft wenigstens zu einem Teil dauerhaft zu verpflichten, hat man das Gegenteil gemacht, nämlich sich weiter hinter diese Firma gestellt und sich sogar dahin verstiegen, mit § 23 Abs. 1 des Errichtungsgesetzes anzuordnen, dass alle Ansprüche der Geschädigten gegen die Firma Grünenthal, deren Eigentümer und Angestellte erlöschen, so dass der Staat dadurch die alleinige Verantwortung übernahm."

Stürmer weiter: "Anstelle dann aber einen adäquaten Ausgleich zu gewähren, wurden die monatlichen Renten im Jahr 1972 in der Höchststufe lediglich auf 450 DM festgesetzt. Bis zum Jahr 2008 stiegen diese nur minimal auf Maximalrenten von monatlich 545 Euro an - für Leute ohne Arme und/oder ohne Beine. "Das bedeutet eine jahrzehntelange Unterversorgung", sagt Stürmer und führt aus: "Die Geschädigten wurden mit einem 'Butterbrot' zu den Sozialkassen geschickt. Vielen Geschädigten ging es jahrzehntelang finanziell wirklich schlecht."

Der Betroffenenvertreter Stürmer erklärt: "Diese Minirenten wurden dann zwar im Jahr 2008 verdoppelt, der eigentliche Paradigmenwechsel geschah aber erst im Jahr 2013, als der Deutsche Bundestag endlich Renten festsetzte, womit die schwer und schwerstgeschädigten Conterganbetroffenen ein selbstbestimmtes Leben zu führen in der Lage sind." Stürmer: "Da waren die Geschädigten aber schon jeweils über 50 Jahre alt!" „Noch heute empfinden es viele Geschädigte nach dem jahrzehntelangen Leid als Balsam, dass sich viele Abgeordnete damals bei den Betroffenen öffentlich entschuldigt haben. Was aber schlimm ist und was uns wirklich sauer macht, ist, dass die Exekutive, hierunter das zuständige Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend diesen Paradigmenwechsel alles andere als adäquat nachvollzogen hat", sagt Christian Stürmer und berichtet: "Gerade eben erst hat die Familienministerin Lisa Paus in einem öffentlichen Grußwort erklärt, dass der Staat `seiner Verantwortung über all die Jahre gerecht geworden` sei. Erst auf meine Intervention wurde das auf der Homepage der Stiftung eingestellte `Grußwort` still und leise ausgetauscht, was den jetzigen Inhalt aber auch trotzdem nicht viel besser macht: Die Behauptung, der umfassenden Verantwortungserfüllung ist jetzt zwar gestrichen, wird aber trotzdem weiter suggeriert, indem von Verdopplung, Vervierfachung und Versechsfachung der Renten die Rede ist, von welcher Rentenhöhe aus das geschah und wie lange die Geschädigten unterversorgt waren, wird dabei aber verschwiegen!" Christian Stürmer: "Auch bei der Stiftung erscheint es mir so, als würde man die Vergangenheit gerne als rosig darstellen. Leider war aber das Gegenteil der Fall!" Der Betroffenenvertreter abschließend: "Wir sind froh und dankbar, dass der Staar seinen Pflichten nunmehr gut nachkommt. Auch in der Stiftung geht man unter dem neuen Vorsitzenden erfreulich besser mit uns um. Man arbeitet transparent, gesprächsbereit und sehr oft einbeziehend. Niemand hat es eigentlich mehr nötig, die Vergangenheit schönzureden. Zum Umgang mit uns vor dem Jahr 2013 fehlt uns aber noch eine Entschuldigung der Bundesregierung, bzw. des zuständigen Ministeriums."

 

 

Pressekontakt:

Contergannetzwerk Deutschalnd e.V.

Vorsitzender: Christian Stürmer,

Tel.: 017670967290, Email: Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!

 

Zu den Grußworten der Bundesfamilienministerin, die auf der Homepage der Conterganstiftung veröffentlicht wurden:

- zum urspürglichen Grußwort zum 03.09. 2022...... bitte hier klicken...

- zum am 04.10.2022 abgewandelten und auf den Seiten der Conterganstiftung ausgetauschten Grußwort (jeweils ohne öffentlichen Hinweis) - bitte hier klicken...

 

 

 

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                                                                                      Ostfildern den, 27.10.2022

Kondolenzschreiben

 

Liebe Angehörige und Freunde von Ilja Seifert!

 

Wir alle trauern aus tiefstem Herzen um unseren Freund Ilja. Wir haben ihn kennengelernt als es darum ging, die jahrzehntelange, den contergangeschädigten Menschen widerfahrene Ungerechtigkeit zu bekämpfen. Ilja war damals noch Bundestagsabgeordneter. Oft war er auf unseren Veranstaltungen. Selbst die für ihn sehr beschwerliche Reise nach Nürtingen (in Baden-Württemberg) nahm er dafür auf sich, um bei uns zu sein, uns beizustehen.

 

Auch wenn wir uns nachher nicht oft persönlich sahen. In aller Kommunikation war immer ein verbindendes Element, wofür auch er so brannte: die Inklusion und Gerechtigkeit!

 

Wir standen mehrfach am 5. Mai, dem Tag der Menschen mit Behinderung, auf der Demo in Berlin und forderten das gemeinsam! Ilja war ein Schlachtross, ein unermüdlicher Kämpfer, der selbst krank, im Regen oder Schnee für unsere Sache der inklusiven Behindertenpolitik zu Veranstaltungen oder auf die Straße ging.

 

Er bleibt uns unvergessen!

 

Wir sind in Gedanken bei allen um Ilja Trauernden!

 

Mit herzlichen Grüßen

 

Für das gesamte Contergannetzwerk Deutschland e.V.

 

Christian Stürmer

Vorsitzender

 

 

Vielen Angehörigen von Conterganbetroffenen drohen erhebliche Rentenverluste oder gar Altersarmut, weil sie contergangeschädigten Menschen Assistenz und/oder Pflege leisten.

 

So hat eine durch das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend mitveranlasste sozialwissenschaftliche Expertise von Dr. Ding-Greiner ergeben, dass 2/3 der unterstützungsleistenden Angehörigen Angst haben, dass sie im Alter auf Sozialleistungen angewiesen sein werden.[1]

 

Dies ist ein völlig untragbarer Zustand!

 

Der Staat hat – wie auch das Bundesverfassungsgericht feststellte - gegenüber den Conterganbetroffenen eine besondere Verantwortung übernommen, indem er mit § 23 Abs. 1 des Errichtungsgesetzes sämtliche Ansprüche der Conterganbetroffenen gegen die Schädigungsfirma Grünenthal, deren Eigentümer und Angestellten zum Erlöschen gebracht hat und hiernach in der Haftungsnachfolge steht.

 

Wie die Bundesregierung selbst einräumt und wie auch durch die Obergerichte mehrfach ausdrücklich festgestellt haben, sind die Contergangeschädigten dem sog. Sozialen Entschädigungsrecht (wie auch u.a. auch Kriegs- und Zivildienstgeschädigte, Opfer von Gewalttaten, Impfgeschädigte, das Häftlingsentschädigungsgesetz) zuzurechnen.[2]

 

Trotzdem wird den Conterganbetroffenen der aus dem Sozialen Entschädigungsrecht - § 5 SGB I[3] -folgende Anspruch, dass auch Hinterbliebene „ein Recht auf angemessene wirtschaftliche Versorgung haben“, bislang nicht gewährt.

 

Viele Angehörige haben sich jahrzehntelang um die Geschädigten gekümmert. Sie konnten oft keiner oder nur einer geringen Arbeit nachgehen und vielmals keine oder nur geringe Rentenansprüche aufbauen.

 

Nach unseren Forderungen aus unserem Forderungskatalog gegenüber dem Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend nach einer Hinterbliebenenversorgung hat das Ministerium nun ein Gutachten unter Federführung der Rechtsanwältin Karin Buder (nachfolgend "Gutachten Buder" genannt) eingeholt und vorgelegt:

 

Mit diesem Gutachten wird mit schier unfassbaren Konstruktionen zu begründen versucht, warum Hinterbliebene contergangeschädigter Menschen nur für 5 Jahre Leistungen erhalten sollen:

 

Dies wird in rechtssystematisch falscher Einordnung damit begründet, dass HiV-Geschädigte auch nur für 5 Jahre  Leistungen erhielten. Allerdings handelt es sich bei den HIV-Geschädigten um freiwillige Sozialleistungen, hingegen bei den Conterganopfern um soziale Entschädigungen, wie die Bundesregierung und auch das Bundesverwaltungsgericht ausdrücklich schriftlich niederlegten.

Hierzu die rechtswissenschaftlichen Ausführungen, mit entsprechenden Belegen, in unserer Stellungnahme:

https://www.contergannetzwerk.de/Stellungnahme_zur_Expertise_Buder_zur_Hinterbliebenenversorgung.pdf

 

Dazu sagt Christian Stürmer (Vorsitzender des Contergannetzwerkes Deutschland und zugleich gewählter Betroffenenvertreter im Stiftungsrat der Conterganstiftung): „Eine solche Argumentation betrachten wir als an den Haaren herbeigezogen“ und resümiert seine Auffassung: „Es ist erschütternd, dass mit solchen billigen Konstruktionen mittels eines Anwaltsgutachtens probiert wird, uns gegenüber den anderen Berechtigten des Sozialen Entschädigungsrechtes zu benachteiligen.“

 

So werden im Sozialen Entschädigungsrecht Hinterbliebenenversorgungen z.B. an Kriegs- und Zivildienstgeschädigte, Opfer von Gewalttaten, Impfgeschädigte, Entschädigungen für Häftlingen gewährt - nicht aber bezüglich Contergangeschädigter, deren Leistungen im  separaten Conterganstftungsgesetz geregelt sind. Und eben dieses Conterganstiftungsgesetz enthält - im Gegensatz bezüglich aller anderen Leistungsberechtigten im Sozialen Entschädigunsrecht KEINE Hinterbliebenenversorgung....

 

Diese Leistungen der Witwen und Witwer aus § 38  des Bundesversorgungsgesetzes und auch gemäß dem - ab zum 1.1.2024 gültigen - § 85 SGB XIV  sind unbefristet. Das soll nach dem Anwaltsgutachten aber für Conterganopfer nicht gelten.

 

82 % der unterstützenden Personen der unterstützenden Angehörigen sind indessen selbst schwerbehindert, 82,7 % nennen Beschwerden im körperlichen Bereich, die im Laufe der Jahre zugenommen haben. 87,5 %. Die Leute sind aufgrund ihrer aufopferungsvollen Tätigkeit fertig und sollen einfach im Regen stehen gelassen werden.

 

Den Versuch im Anbetrachte der besonderen Verpflichtungen des Staates den Conterganopfern gegenüber, die Leistungen für die begrenzen zu wollen, die oft jahrzehntelang und aufopferungsvoll die Assistenz und Pflege durchgeführt haben, betrachten wir  schlicht als impertinent!

 

 Altersarmut ist Altersarmut – um 5 Jahre verschoben oder nicht!

 

Und das können und werden wir bei den Hinterbliebenen von contergangeschädigten Menschen  NICHT akzeptieren!

 

Bemerkenswwert ist ferner, dass das Gutachten von Karin Buder nicht eine einzige Position zur Hinterbliebenenversorgung aus dem Forderungskatalog unseres Verbandes richtig darstellt. In unserer Stellungnahme  (Link unten) werden die entprechenden Punkte herausgearbeitet und nachgewiesen.

 

Wir weisen das Gutachten jedenfalls nachhaltig zurück und fordern eine diskriminierungsfreie Hinterbliebenenversorgung für contergangeschädigte Menschen, wie sie der übernommen staatlichen Verantwortung entspricht!

 

 

 

 

Unsere Stellungnahme zur Expertise Buder:

https://www.contergannetzwerk.de/Stellungnahme_zur_Expertise_Buder_zur_Hinterbliebenenversorgung.pdf

 

 

 

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[1] Sozialwissenschaftliches Gutachten Dr. Ding-Greiner, Seite 96 ff.: https://www.contergannetzwerk.de/02_Erhebung%20zu%20den%20M%C3%B6glichkeiten%20einer%20Versorgung%20von%20Hinterbliebenen%20contergangesch%C3%A4digter%20Menschen.pdf

[2] Vgl. unsere Stellungnahme hierzu mit den entsprechenden Nachweisen (insbesondere Links zu den Berichten der Bundesregierung und zu den Urteilen) : https://www.contergannetzwerk.de/Stellungnahme_zur_Expertise_Buder_zur_Hinterbliebenenversorgung.pdf

[3] https://www.gesetze-im-internet.de/sgb_1/__5.html

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