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offener Brief an Familienausschuss und Bundeskanzlerin von Irene Müller
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THEMA: offener Brief an Familienausschuss und Bundeskanzlerin von Irene Müller

offener Brief an Familienausschuss und Bundeskanzlerin von Irene Müller 02 Jul 2009 11:27 #3742

  • Christian Stürmer
Sehr geehrte MitgliederInnen des Familienausschusses, sehr geehrte Frau
Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel,

zwischen 1957 und 1961 brachte das Pharmaunternehmen Grünenthal das
Schlafmittel Contergan, das den Wirkstoff Thalidomid beinhaltet, in den
Handel. Dieses verursachte neben Polyneuritisschäden auch in ca. 10.000
Fällen weltweit Missbildungen des im Mutterleib heranwachsenden Embryos. Die
Folge war u.a., dass Kinder ohne Arme und Beine zur Welt kamen. 2.700
missgebildete Überlebende gibt es alleine in Deutschland.

Es kam zum Strafprozess. Die Mitarbeiter des Pharmaunternehmens wurden
damals nicht wegen fahrlässiger Tötung bzw. fahrlässiger Körperverletzung,
so wie es unser Strafrecht eigentlich vorsieht, bestraft. Das Verfahren
gegen die Verantwortlichen wurde trotz der Tatsache, dass obendrein noch ca.
4.000 Menschen nach oder während der Geburt durch die Wirkung des
Medikaments verstarben, wegen „Geringfügigkeit“ eingestellt. Der Verursacher
hat nie seine Schuld zugegeben und die Verantwortlichen gingen straffrei
ohne einen Schuldspruch aus.
Um an das Geld der Opfer heranzukommen, wurde 1972 unter tätiger Mithilfe
der damaligen Bundesregierung, die „Stiftung Hilfswerk für behinderte
Kinder“ geschaffen. Ca. 110 Millionen DM inkl. Zinsen, die z.T. zunächst von
Grünenthal an die Treuhänder und damit an die Kinder ausgezahlt wurden,
mussten nach juristischen Auseinandersetzungen und politischem Druck später
in diese Stiftung eingebracht werden.

Die anderen 100 Millionen DM zahlte der Staat in diese Stiftung ein. Schon
damals war jedoch der wahre Gesamtschaden ohne mögliche Folgeschäden nicht
auf 200 Millionen DM sondern auf 5 Milliarden DM also dem 25-fachen des
damals tatsächlich von Fachleuten bezifferten Schadens geschätzt worden.
Heute wird der Gesamtschaden inklusive der Folgeschäden auf ca. 5 Milliarden
Euro, also dem 50-fachen des ursprünglich gezahlten Schadens beziffert.

Mit Hilfe von § 23 des damaligen Stiftungsgesetzes der Stiftung „Hilfswerk
für behinderte Kinder“ gelang es Grünenthal dann unter tätiger Mitwirkung
der Vertreter unseres Staates, den Opfern jegliche Möglichkeit zu nehmen,
jemals weitere Regressansprüche gegen die Verursacherfirma zu stellen. Man
kaufte sich damit nicht nur von der Schuld frei, sondern entrechtete die
Opfer lebenslang, indem man ihnen ihr Recht nahm, weitere
Schadensersatzansprüche zu stellen. Seit 1997 ist das Geld für die noch
lebenden ca. 2.700 deutschen Opfer verbraucht und seitdem zahlt
ausschließlich der Steuerzahler eine lächerlich niedrige Rente von heute
max. 1090 Euro welche verständlicherweise nicht den Lebensunterhalt der
schwerbehinderten Opfer gewährleisten kann. Diese Zahlungen, die eigentlich
der Verursacher Grünenthal hätte zahlen müssen, wurden obendrein bis Juni
2009 nicht adäquat an die geltenden Preissteigerungsraten angepasst.

Die Allgemeinheit bezahlt demnach auch noch die medizinischen Folgeschäden
für Krankheit und Hilfsmittel durch die Leistungen der Kranken-, Sozial- und
Pflegekassen und nicht das Pharmaunternehmen Grünenthal selber, dessen
Eigentümerfamilie Wirtz ein geschätztes Gesamtvermögen von ca. 3,3
Milliarden Euro aufweist.

Durch die Folgeschäden und aufgrund ihrer Behinderung können viele Opfer
nicht arbeiten gehen. Sie haben daher keine oder kaum Rentenansprüche. Viele
Geschädigte glitten durch ihre Behinderungen, verursacht durch die
missbildende Wirkung der Schlaftabletten der Firma Grünenthal, auf Hartz IV
und Sozialhilfeniveau ab. Dieser minimale Betrag von max. 1090 Euro
Conterganrente reicht bei weitem nicht aus, ein menschenwürdiges selbst
bestimmtes Leben zu führen, zumal natürlich viele der Betroffenen aufgrund
ihrer Behinderung alleine bleiben wollen und deshalb keine ausreichende
Unterstützung im privaten Bereich finden. Die Conterganopfer werden zu
Bittstellern gegenüber den Sozialbehörden und dem Staat degradiert und
müssen sich obendrein noch für ihre Anträge hinsichtlich dringend
notwendiger Hilfsmittel rechtfertigen und kontrollieren lassen. Dies, so
finde ich, ist demütigend und ein unhaltbarer Zustand.

Ich bitte Sie höflich und herzlich, die Dialogangebote der
Betroffenenverbände anzunehmen.

Mit freundlichen Grüßen
Irene Müller
xxxxxxxxxxxx
xxxxxxxxxxxxxxxxxxx

Anlage
www.contergannetzwerk.de
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