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Der Grünenthal-Mann aus dem Bundesfamilienministerium - Conterganopfervertreter: "Jede Amtssekunde dieses Mannes eine Zumutung"
Köln (pts008/29.05.2019/09:00) - Der Bund Contergangeschädigter und
Grünenthalopfer e.V. wirft dem über die Conterganstiftung aufsichtsführenden
Bundesfamilienministerium (BMFSFJ) vor, selbst ein Verflechtungsproblem mit
Grünenthal zu haben. Der am 5.12.2018 vom Stiftungsrat gewählte
Vorstandsvorsitzende, Dieter Hackler, ein langjähriger hoher Beamter des
Ministeriums, habe jahrelang bei der Grünenthal-Stiftung zur Unterstützung von
Thalidomidbetroffenen mitgearbeitet.
Erst 2018 hat das Oberlandesgericht Köln in einem rechtskräftigen Urteil über 30
Jahre lang fortwirkende, enge Verflechtungen zwischen Grünenthal und der
Conterganstiftung festgestellt. Nun stellt sich heraus, dass Dieter Hackler nach
seinem Eintritt in den Ruhestand (2014) sogar vom Grünenthalgesellschafter und
Ex-Grünenthal-Chef Michael Wirtz gebeten wurde, im Stiftungsrat der
Grünenthal-Stiftung mitzuwirken.
Die contergangeschädigten Betroffenenvertretern im Stiftungsrat wussten bei der
Wahl Hacklers von alledem nichts. Auch der Stiftungsratsvorsitzende Christoph
Linzbach (BMFSFJ) verschwieg dies bei der Wahl Hacklers. Für die Opfer ist es
ein Skandal, dass das BMFSFJ eine von Michael Wirtz zuvor für seine Zwecke
auserwählte Person an die Spitze der Conterganstiftung bestellt. "Warum bestellt
das Ministerium nicht gleich Michael Wirtz?" kritisiert Opfervertreter und
Stiftungsratsmitglied Andreas Meyer. "Jede Amtssekunde dieses Mannes ist eine
Zumutung."
Hackler war von 2008-2014 Stiftungsratsvorsitzender der Conterganstiftung, dem
Entscheidungs- und Kontrollorgan der Stiftung. Nach eigenen Angaben war er fast
gleichzeitig von 2006-2014 Leiter der Abteilung "Ältere Menschen" im
BMFSFJ. Von 1991-2006 war Hackler Leiter des dem BMFSFJ unterstellten Bundesamts
für Familie und zivilgesellschaftliche Aufgaben.
Im Vorfeld der Stiftungsratssitzung der Conterganstiftung am 5. Juni in Berlin
befürchtet der Bund Contergangeschädigter und Grünenthalopfer nun, dass dort
gegen die Minderheit der Betroffenenvertreter ein Beschluss durchgesetzt werden
soll, mit dem die Conterganstiftung finanzielle Mittel Grünenthals bei Vorgängen
annehmen kann, die in direktem Zusammenhang mit dem Unternehmen stehen. "Damit
werden die Conterganopfer nun auch vom Bundesfamilienministerium zu
Almosenempfängern Grünenthals herabgewürdigt", kritisiert Meyer.
Grünenthal habe 2013 in einer Stellungnahme zum Schadensersatzprozess die
Geschädigten aus Spanien an die Grünenthal-Stiftung und die bundesdeutsche
Conterganstiftung verwiesen, so Meyer. "Auf diese Weise verklärt sich Grünenthal
vom Täter zum Wohltäter!" Es sei ja auch billiger über die Grünenthal-Stiftung
Almosen wie elektrische Zahnbürsten, Hörgeräte oder Pkw-Umbauten zu bezahlen als
drohende Schadenersatzansprüche in Millionenhöhe zu erfüllen.
Die 109. Stiftungsratssitzung der Conterganstiftung findet am 5.6.2019 um 11h im
dbb forum berlin, Friedrichstraße 169, 10117 Berlin statt. Anmeldung unter
Tel.: 0221/3673-3312. Andreas Meyer ist bei der Stiftungsratssitzung anwesend.