Contergan-Opfer kämpfen weiter
Ostfildern.
Im Kampf um höherere zivilrechtliche Entschädigungszahlungen wollen deutsche Conterganopfer vor den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte in Straßburg ziehen. Das Bundesverfassungsgericht habe eine Verfassungsbeschwerde von 15 Contergangeschädigten nicht zur Entscheidung angenommen, teilte der Vorsitzende des "Contergan-Netzwerks", Christian Stürmer, gestern in Ostfildern mit.
Die Beschwerdeführer machen geltend, dass in Deutschland Contergangeschädigte neben der monatlichen Rente von maximal 1116 Euro keine zivilrechtlichen Entschädigungszahlungen erhielten, wie sie etwa Kriegsversehrten, Impfgeschädigten oder Opfern von Gewalttaten zustünden. So sei nie auch nur ein Cent an Schmerzensgeld an deutsche Conterganopfer gezahlt worden, betonte Stürmer.
Der Contergan-Skandal war einer der größten Arzneimittelskandale in der Geschichte der Bundesrepublik. Das Beruhigungsmittel war im Oktober 1957 auf den Markt gekommen und verursachte Missbildungen bei Neugeborenen. Im November 1961 wurde das Schlafmittel vom Markt genommen.
Der Bundestag hatte erst im Mai 2009 eine Änderung des Conterganstiftungsgesetzes beschlossen - mit dem Ziel, die finanzielle Absicherung der Geschädigten zu verbessern. Gestaffelt über 25 Jahre fließen demnach insgesamt 100 Millionen Euro in jährlichen Sonderzahlungen an die Betroffenen.
Die Hälfte des Geldes kommt aus der Conterganstiftung des Bundes, die andere Hälfte vom Hersteller Grünenthal, der das Medikament damals auf den Markt gebracht hatte. In Deutschland leben heute rund 2800 Contergan-Geschädigte. Die meisten von ihnen sind seit vielen Jahren im Bundesverband Contergangeschädigter organisiert, der auf Verhandlungen mit der Politik und der Pharmafirma Grünenthal setzt. Das kleinere "Contergan-Netzwerk" geht hingegen seit einiger Zeit einen anderen Weg und will höhere Entschädigungen gerichtlich einklagen. ddp
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