Urteil des Bundesverfassungsgerichts:
BVerfGE 27, 88 - Der Demokrat Randnummer 30 ff.
http://www.servat.unibe.ch/dfr/bv027088.html
Die Verfassungsbeschwerden sind nicht mangels Erschöpfung des Rechtswegs (§ 90 Abs. 2 BVerfGG) unzulässig. Zwar hat der Beschwerdeführer in beiden Fällen gegen die ihm durch kurze Mitteilungen der Staatsanwaltschaften bekanntgewordenen Briefkontrollen nur Beschwerden an den die Dienstaufsicht führenden Oberstaatsanwalt und den Generalstaatsanwalt gerichtet und kein Gericht angerufen. Bei der Unsicherheit der Rechtslage war ihm das aber auch nicht zuzumuten.
Welcher Rechtsweg zulässig gewesen wäre, ist zweifelhaft. Hätte bereits die Zollbehörde die Sendungen nach Öffnung und Kontrolle an den Beschwerdeführer weitergeleitet, wäre nach allgemeiner Meinung der Verwaltungsrechtsweg gegen diese als Verwaltungsakt zu bewertenden Kontrollmaßnahmen eröffnet (vgl. z.B. Verwaltungsgericht Karlsruhe, DVBl. 1967 S. 861 m. Anm. Bettermann). Die Zollämter hatten jedoch in beiden Fällen die Sendungen der Staatsanwaltschaft zur Entscheidung vorgelegt. Ob dadurch die Maßnahmen der Zollbehörde ihren Charakter als selbständige und damit verwaltungsgerichtlich anfechtbare Hoheitsakte verloren und ob gegen die Entscheidungen der Staatsanwaltschaft ein Rechtsweg nach der Strafprozeßordnung, nach §§ 23 ff. EGGVG oder unmittelbar nach Art. 19 Abs. 4 GG eröffnet war, war für den Beschwerdeführer nicht zu übersehen. Die Erhebung der Verfassungsbeschwerde war deshalb ausnahmsweise vor Erschöpfung des Rechtswegs zulässig (vgl. BVerfGE 17, 252 [257]).
Darüber hinaus ist die Verfassungsbeschwerde auch von allgemeiner Bedeutung (§ 90 Abs. 2 Satz 2 BVerfGG). Die Kontrolle aus der DDR kommender Postsendungen auf Grund des Überwachungsgesetzes hatte zeitweilig erhebliches Ausmaß (vgl. Beschluß des Bundesverfassungsgerichts vom 3. Oktober 1969 -- 1 BvR 46/65 -- zu A I). Die Entscheidung über die verfasBVerfGE 27, 88 (97)BVerfGE 27, 88 (98)sungsrechtliche Zulässigkeit derartiger Kontrollen schafft deshalb über den Einzelfall hinaus Klarheit in einer Vielzahl gleichgelagerter Fälle (BVerfGE 19, 268 [273]). Die Klärung des Verhältnisses von Informationsfreiheit und allgemeinen, diese Freiheit beeinträchtigenden Strafgesetzen auf dem Gebiete des Staatsschutzes ist auch eine Frage von grundsätzlicher Bedeutung.