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Diskriminierungsfreie Hinterbliebenenversorgung für contergangeschädigte Menschen gefordert - Gutachten Buder vom Contergannetzwerk zurückgewiesen!

 

 

Vielen Angehörigen von Conterganbetroffenen drohen erhebliche Rentenverluste oder gar Altersarmut, weil sie contergangeschädigten Menschen Assistenz und/oder Pflege leisten.

 

So hat eine durch das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend mitveranlasste sozialwissenschaftliche Expertise von Dr. Ding-Greiner ergeben, dass 2/3 der unterstützungsleistenden Angehörigen Angst haben, dass sie im Alter auf Sozialleistungen angewiesen sein werden.[1]

 

Dies ist ein völlig untragbarer Zustand!

 

Der Staat hat – wie auch das Bundesverfassungsgericht feststellte - gegenüber den Conterganbetroffenen eine besondere Verantwortung übernommen, indem er mit § 23 Abs. 1 des Errichtungsgesetzes sämtliche Ansprüche der Conterganbetroffenen gegen die Schädigungsfirma Grünenthal, deren Eigentümer und Angestellten zum Erlöschen gebracht hat und hiernach in der Haftungsnachfolge steht.

 

Wie die Bundesregierung selbst einräumt und wie auch durch die Obergerichte mehrfach ausdrücklich festgestellt haben, sind die Contergangeschädigten dem sog. Sozialen Entschädigungsrecht (wie auch u.a. auch Kriegs- und Zivildienstgeschädigte, Opfer von Gewalttaten, Impfgeschädigte, das Häftlingsentschädigungsgesetz) zuzurechnen.[2]

 

Trotzdem wird den Conterganbetroffenen der aus dem Sozialen Entschädigungsrecht - § 5 SGB I[3] -folgende Anspruch, dass auch Hinterbliebene „ein Recht auf angemessene wirtschaftliche Versorgung haben“, bislang nicht gewährt.

 

Viele Angehörige haben sich jahrzehntelang um die Geschädigten gekümmert. Sie konnten oft keiner oder nur einer geringen Arbeit nachgehen und vielmals keine oder nur geringe Rentenansprüche aufbauen.

 

Nach unseren Forderungen aus unserem Forderungskatalog gegenüber dem Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend nach einer Hinterbliebenenversorgung hat das Ministerium nun ein Gutachten unter Federführung der Rechtsanwältin Karin Buder (nachfolgend "Gutachten Buder" genannt) eingeholt und vorgelegt:

 

Mit diesem Gutachten wird mit schier unfassbaren Konstruktionen zu begründen versucht, warum Hinterbliebene contergangeschädigter Menschen nur für 5 Jahre Leistungen erhalten sollen:

 

Dies wird in rechtssystematisch falscher Einordnung damit begründet, dass HiV-Geschädigte auch nur für 5 Jahre  Leistungen erhielten. Allerdings handelt es sich bei den HIV-Geschädigten um freiwillige Sozialleistungen, hingegen bei den Conterganopfern um soziale Entschädigungen, wie die Bundesregierung und auch das Bundesverwaltungsgericht ausdrücklich schriftlich niederlegten.

Hierzu die rechtswissenschaftlichen Ausführungen, mit entsprechenden Belegen, in unserer Stellungnahme:

https://www.contergannetzwerk.de/Stellungnahme_zur_Expertise_Buder_zur_Hinterbliebenenversorgung.pdf

 

Dazu sagt Christian Stürmer (Vorsitzender des Contergannetzwerkes Deutschland und zugleich gewählter Betroffenenvertreter im Stiftungsrat der Conterganstiftung): „Eine solche Argumentation betrachten wir als an den Haaren herbeigezogen“ und resümiert seine Auffassung: „Es ist erschütternd, dass mit solchen billigen Konstruktionen mittels eines Anwaltsgutachtens probiert wird, uns gegenüber den anderen Berechtigten des Sozialen Entschädigungsrechtes zu benachteiligen.“

 

So werden im Sozialen Entschädigungsrecht Hinterbliebenenversorgungen z.B. an Kriegs- und Zivildienstgeschädigte, Opfer von Gewalttaten, Impfgeschädigte, Entschädigungen für Häftlingen gewährt - nicht aber bezüglich Contergangeschädigter, deren Leistungen im  separaten Conterganstftungsgesetz geregelt sind. Und eben dieses Conterganstiftungsgesetz enthält - im Gegensatz bezüglich aller anderen Leistungsberechtigten im Sozialen Entschädigunsrecht KEINE Hinterbliebenenversorgung....

 

Diese Leistungen der Witwen und Witwer aus § 38  des Bundesversorgungsgesetzes und auch gemäß dem - ab zum 1.1.2024 gültigen - § 85 SGB XIV  sind unbefristet. Das soll nach dem Anwaltsgutachten aber für Conterganopfer nicht gelten.

 

82 % der unterstützenden Personen der unterstützenden Angehörigen sind indessen selbst schwerbehindert, 82,7 % nennen Beschwerden im körperlichen Bereich, die im Laufe der Jahre zugenommen haben. 87,5 %. Die Leute sind aufgrund ihrer aufopferungsvollen Tätigkeit fertig und sollen einfach im Regen stehen gelassen werden.

 

Den Versuch im Anbetrachte der besonderen Verpflichtungen des Staates den Conterganopfern gegenüber, die Leistungen für die begrenzen zu wollen, die oft jahrzehntelang und aufopferungsvoll die Assistenz und Pflege durchgeführt haben, betrachten wir  schlicht als impertinent!

 

 Altersarmut ist Altersarmut – um 5 Jahre verschoben oder nicht!

 

Und das können und werden wir bei den Hinterbliebenen von contergangeschädigten Menschen  NICHT akzeptieren!

 

Bemerkenswwert ist ferner, dass das Gutachten von Karin Buder nicht eine einzige Position zur Hinterbliebenenversorgung aus dem Forderungskatalog unseres Verbandes richtig darstellt. In unserer Stellungnahme  (Link unten) werden die entprechenden Punkte herausgearbeitet und nachgewiesen.

 

Wir weisen das Gutachten jedenfalls nachhaltig zurück und fordern eine diskriminierungsfreie Hinterbliebenenversorgung für contergangeschädigte Menschen, wie sie der übernommen staatlichen Verantwortung entspricht!

 

 

 

 

Unsere Stellungnahme zur Expertise Buder:

https://www.contergannetzwerk.de/Stellungnahme_zur_Expertise_Buder_zur_Hinterbliebenenversorgung.pdf

 

 

 

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[1] Sozialwissenschaftliches Gutachten Dr. Ding-Greiner, Seite 96 ff.: https://www.contergannetzwerk.de/02_Erhebung%20zu%20den%20M%C3%B6glichkeiten%20einer%20Versorgung%20von%20Hinterbliebenen%20contergangesch%C3%A4digter%20Menschen.pdf

[2] Vgl. unsere Stellungnahme hierzu mit den entsprechenden Nachweisen (insbesondere Links zu den Berichten der Bundesregierung und zu den Urteilen) : https://www.contergannetzwerk.de/Stellungnahme_zur_Expertise_Buder_zur_Hinterbliebenenversorgung.pdf

[3] https://www.gesetze-im-internet.de/sgb_1/__5.html

Wir in Sozialen Netzwerken

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