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THEMA: Contergan: Weiterhin keine Gerechtigkeit

Contergan: Weiterhin keine Gerechtigkeit 22 Sep 2011 12:42 #19007

  • Christian Stürmer
Contergan: Weiterhin keine Gerechtigkeit

Renate Angstmann-Koch
Die Lieblingslieder meiner Generation. Meine Lieder. Und die Lieder derer, die unten im Saal ausgelassen tanzen.

Kaum jemanden in der Nürtinger Stadthalle hält es jetzt noch auf seinem Platz. Einige der Männer und Frauen haben keine Arme, andere sitzen im Rollstuhl, manche können nicht hören, doch fast alle machen bei der Party am Samstagabend zum Abschluss des ersten Contergan-Opfer-Symposiums mit.

Noch einmal bejubeln sie die spontane Herzlichkeit Nina Hagens, die nach ihrer Autogrammstunde auf die Bühne zurückkehrt und zusammen mit der schwäbischen Coverband einen letzten Song anstimmt. Und sie feiern Tilmann Kleinau, den Drummer von „Crosslane“, ihren Helden, der am Schlagzeug den Rhythmus vorgibt. Er ist contergangeschädigt wie so viele von ihnen auch.

Ihre schwangeren Mütter nahmen in den späten fünfziger oder frühen sechziger Jahren arglos ein Beruhigungsmittel, das Wachstumsstörungen mit Behinderungen und Organschäden auslösen kann. Es war Zufall, wen es überhaupt und wen es in welchem Ausmaß traf.

Die damals geborenen Menschen sind heute zwischen 47 und 52 Jahre alt. Kaum jünger als ich, Contergan kam kurz nach meiner Geburt auf den Markt. Vermutlich gab es rund 12 000 Opfer, darunter 7000 Tote. Die etwa 2800 Betroffenen in Deutschland kämpfen bis heute um Entschädigung. Nicht nur um der Gerechtigkeit willen. Sie brauchen das Geld, um mit ihrer Frühverrentung und jenen Spätfolgen klarzukommen, die sich einstellen, wenn man jahrzehntelang mit einer enormen psychischen Belastung lebt, seine Füße als Hände benutzen oder seine Zähne zum Tragen von Lasten einsetzen muss.

Die Opfer fühlen sich von der Bundesrepublik verraten. Die Contergan-Herstellerfirma Grünenthal konnte sich mit geringen Zahlungen aus der Affäre ziehen, obwohl die Eigentümerfamilie Wirtz zu den reichsten Milliardärsfamilien Deutschlands gehört. Mit der Einrichtung einer Stiftung erloschen sämtliche Entschädigungsansprüche gegen die Firma, die das Medikament trotz längst bekannter Folgen viel zu spät vom Markt nahm.

Selbst schwerstgeschädigte Contergan-Opfer erhalten heute Renten von höchstens 1116 Euro im Monat vom Staat. Eine Reihe von Politikern unterstützten in Nürtingen die Forderungen der Geschädigten. Viele Künstler traten ohne Gage auf.

Beim nächsten öffentlichen Fest dieser Art werde ich wieder dabei sein. Ich fühle mich wohl bei den Contergan-Geschädigten. Wir mögen die gleiche Musik, wir gehören zur selben Generation. Wo ich kann, werde ich die Forderung aller Menschen mit Behinderungen nach einem Leben in Würde unterstützen. Contergan-Opfer brauchen heute Gerechtigkeit, nicht erst in vielen Jahren.

http://www.tagblatt.de/Home/nachrichten ... 46845.html

Contergan: Weiterhin keine Gerechtigkeit 23 Sep 2011 08:21 #19008

  • Diego-Ps
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  • Forummitglied
  • Beiträge: 204
  • Punkte: 190
Hallo an alle,

ein sehr guter Beitrag, mit Herz geschrieben, einfach Spitze.
:Wink:
:bigsmiley: :smilietafel:

Wir würden uns wünschen, das auch die Größeren Printmedien so offen über uns berichten würden. :massenrauchen:
Liebe Grüße
Bernhard Quiel

Contergan: Weiterhin keine Gerechtigkeit 23 Sep 2011 09:30 #19011

  • Brigitte1959
Ja Bernhard Stimme dir voll und ganz zu .

Ich empfinde dieser Beitrag wurde mit Herz geschrieben .

Vielen Dank Frau Angstmann -Koch :blumen:
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